Christian Friedrich Hebbel
(1813-1863)
 
Bedeutung und Aktualität:
 
Die deutsche Literatur ist arm an großen Dramatikern. Friedrich Hebbel ist einer von ihnen. Er bildet den Schlußstein einer Entwicklung des klassischen Dramas, die mit Lessing 1755 einsetzte und mit Hebbel ihren Abschluß fand. Dieses große klassische Drama war Ideendrama, und es war der Tradition des klassischen Dramenaufbaus antiker Dramen verpflichtet. Hebbels brennendstes Anliegen ist die Verkündung der Menschenwürde und der Menschenrechte. Von seinen Zeitgenossen wurde er als der letzte Ritter der Klassik auf dem Weg ins Metaphysische genannt, der noch einmal die geistigen Kräfte und Grenzen des Jahrhunderts testamentarisch und zukunftsverheißend zusammenfaßt.

Es gibt aber auch Gegenstimmen, die der Hebbelschen Dramatik Kälte, Konstruktion, Schematisierung, Gegenwartsferne und anderes vorwarfen. Einer der Kritiker Hebbels, Paul Heyse, spottete:

Warum erwärmt dich`s nie,
Wie er auch flammt und wütet ?
Er hat eine Phantasie,
Die unterm Eise brütet.

Besonders das Nach-Hebbelsche Zeitalter am Ende des 19. Jahrhunderts, das keine Beziehung mehr zur großen Tragödienform hatte, hat das Hebbelbild entstellt.
 

Lebensskizze:

Friedrich Hebbel ist am 18.3.1813 zu Wesselburen in Dithmarschen geboren. Er stammte aus ärmlichen Verhältnissen. Sein Vater war, wie Hebbel schreibt "mit eisernen Fesseln an die Not geknüpft", ein armer Maurer. Als er kaum der Schule entwachsen war, nahm ihn der Vater mit auf den Bau. Der Wunsch des Kindes, einmal Schauspieler zu werden, führte zu schlimmen Auftritten mit dem Vater.

Aber der schweren körperlichen Arbeit war der Junge nicht gewachsen. Er blieb zu Hause. Als er 14 Jahre alt war, starb der Vater. Friedrich wurde nun Hausbursche beim Kirchspielvogt seines Heimatortes. Ein Jahr später stieg er zum Schreiber auf und blieb bis zu seinem 22. Lebensjahr Schreiber in Wesselburen. Ein Wandel schien sich 1835 anzudeuten. Die Hamburger Schriftstellerin Amalie Schoppe, die "Pariser Modeblätter" herausgab, druckte von ihm Lieder und Balladen aus der kampfreichen Geschichte seiner Heimat ab. Sie ermöglichte ihm Freitische und Zuwendungen wohlhabender Gönner, seine Bildung zu vervollständigen. Aber die Abhängigkeit von den Gönnern war der freiheitsliebenden Seele Hebbels bald unerträglich. Auch in seinen Studien machte er nicht die erwarteten Fortschritte. Dafür fand er in der Putzmacherin Elise Lensing, der Tochter seiner Wirtin, den Menschen, der ihm durch viele Jahre treu zur Seite stand, schwerste persönliche Opfer für ihn brachte, und ihn durch innige unbedingte Hingabe zu zahlreichen Gedichten anregte. Aber dennoch erlebte er in dieser ersten Hamburger Zeit "die gräßliche Tiefe" des Daseins. Schließlich brach er mit Amalie Schoppe, die immer mehr von dem ihr unheimlichen Dichter abrückte. Ohne Reifezeugnis wanderte er nach Heidelberg, um dort zu studieren. Anfang April 1836 kam er dort an. Er wurde allerdings nur als Gast zu einigen Vorlesungen zugelassen. Die Jurisprudenz, die er wählte, befriedigte seinen allen Abstraktionen fremden Geist nicht. Aber diese Heidelberger Zeit brachte ihm einige Freude für das Leben, in ihr entstanden viele unvergängliche Lieder. Im Herbst ging er nach München. Unterwegs besuchte er in Tübingen den verehrten Uhland. Unter furchtbaren Entbehrungen, die seinen Körper nachhaltig schwächten, weilte er zweieinhalb Jahre in der bayrischen Hauptstadt. Sie gab ihm viele Anregungen, aber es gelang ihm nicht, seine äußere Verhältnisse zu bessern. Im März 1839, als seine letzten Ersparnisse erschöpft waren, begann er die lange Wanderung zurück nach Hamburg. Rund vier Jahre blieb er bei Elise Lensing in der Hansestadt. Auch jetzt erreicht er keine Erleichterung seiner wirtschaftlichen Lage. Aber in jenen Jahren entstanden seine ersten Dramen. 1840 vollendete er die biblische Tragödie "Judith", die am 9. Juli des gleichen Jahres uraufgeführt wurde. Ein Jahr darauf war die "Genoveva" beendet, die aber noch nicht aufgeführt wurde. 1841 schloß er auch sein Lustspiel "Der Diamant" ab, das er zu einem Preisausschreiben nach Berlin schickte, ohne Erfolg zu haben.

1842 erschien seine erste Sammlung Gedichte. Lange rang er um das Drama "Moloch", das die Idee der Religion schlechthin verkörpern sollte, aber trotz wiederholter Ansätze Fragment blieb. Ende 1842 fuhr Hebbel nach Kopenhagen, wo ihm Christian VIII. von Dänemark, Herzog von Schleswig-Holstein, ein Reisestipendium auf zwei Jahre versprach.

Aber erst im April 1843 wurde ihm diese Zuwendung von je 600 Talern für jedes Jahr bewilligt. Über Hamburg fuhr Hebbel im Dezember 1843 nach Paris. Dort vollendete er das bürgerliche Trauerspiel "Maria Magdalena", das aber zunächst auf Bedenken stieß.

Ende September 1844 reiste er von Paris die Rhone abwärts nach Italien, am 3. Oktober kam er in Rom an. Als seine Mittel, mit denen er auch auf der Reise sehr sparsam umging, verbraucht waren, fuhr er im Oktober 1845 von Neapel über Rom, Ancona und Triest nach Wien. Er wollte dort Beziehungen zum Theater anknüpfen. Es wurde eine grundlegende Umwälzung in seinem Leben. Der Bruch mit Elise, die auf Heirat drängte, ihm aber immer mehr entfremdet war, schien beschlossen. Unerwartet fand Hebbel großzügige adlige Gönner, seine äußere Lage besserte sich rasch. Er lernte dann auch die Hofschauspielerin Christine Enghaus kennen, die er am 26. Mai 1846 heiratete. Nun folgte aus der gesicherten äußeren Existenz ein reifes Werk nach dem anderen. 1847 wurden das "Trauerspiel in Sizilien" und "Julia" abgeschlossen, 1848 folgte "Herodes und Mariamne". Im Revolutionsjahr wurde Hebbel sehr aktiv. Er trat für den großdeutschen Gedanken auf vielen Versammlungen ein. Schließlich wurde er sogar als Kandidat für die Frankfurter Nationalversammlung aufgestellt, fiel aber bei der Wahl zu seinem Ärger durch. 1849 schrieb er "Der Rubin". Die weiteren Arbeiten am nie vollendeten "Moloch" unterbrach er und schrieb 1850 bis 1851 "Agnes Bernauer".

Bald darauf erkrankte er schwer. Doch sein Schaffen ging weiter. 1854 lag "Gyges und sein Ring" abgeschlossen vor. 1855 kaufte Hebbel in Orth am Traunsee ein Bauernhaus , in dem er mit Christine und dem Töchterchen Titi die Sommer verlebte. 1855 begann er sein letztes dramatisches Werk, "Die Nibelungen-Triologie". Trotz der rasch fortschreitenden körperlichen Gebrechlichkeit arbeitete er an der gewaltigen Dichtung weiter, die im März 1860 fertig vorlag. An der Weimarer Hofbühne fand die von Dingelstedt betreute Uraufführung statt, sie war der letzte Bühnenerfolg Hebbels. Hohe Ehrungen wurden ihm in der Folge zuteil. Aber seine körperlichen Kräfte verfielen. Unter bittersten Schmerzen dichtete er am "Demetrius", der aber nicht mehr vollendet wurde. Im November 1863 wurde ihm der Berliner Schillerpreis verliehen. Der sterbenskranke Dichter lächelte: "Das ist das Menschenlos. Bald fehlt uns der Wein, bald fehlt uns der Becher."

Am 13. Dezember 1863 starb 50jährig der letzte der mit Lessing beginnenden Reihe der großen deutschen Tragödiendichter.

 

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